Gegen das Vergessen: Abschlussklassen besuchten Gedenkstätte Hadamar
Wie jedes Jahr besuchten auch die aktuellen Abschlussklassen der Philipp Freiherr von Boeselager Realschule Ahrweiler im Rahmen des Geschichtsunterrichts die ehemalige Landesheil- und Pflegeanstalt Hadamar.
In der Zeit des Nationalsozialismus wurden dort in den Jahren von 1941 bis 1945 rund 15.000 Menschen mit Behinderungen oder psychischen Erkrankungen in der Gaskammer bzw. durch tödliche Injektionen oder Medikationen gezielt ermordet. Die Nationalsozialisten bezeichneten diese Morde als „Euthanasie“. Dieser Begriff stammt aus dem Altgriechischen und bedeutet eigentlich „schöner Tod“. Gemeint war hiermit aber die systematische Tötung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, die den Nationalsozialisten nicht in ihr „Menschenbild“ passten.
Nach einer Einführung und einem Überblick über die Geschichte der Gedenkstätte erhielten die Boeselager-Realschülerinnen und -schüler einen Einblick in die systematische Vorgehensweise und Verschleierungstaktik vor Ort, nachdem die „Kranken“ dort im Bus in der Busgarage ankamen.
Anschließend wurden sie durch die verschiedenen „Abteilungen“, wie Bettenraum, Vorraum der Gaskammer, Duschen, den Seziersaal, Raum mit Überresten des Krematoriums, geführt.
Zum Schluss formulierten die sehr betroffenen Jugendlichen ihre Gedanken und Eindrücke, die der Besuch der Gedenkstätte bei ihnen hervorgerufen hat:
“Der Gedanke, irgendwo zu stehen, wo so viele Menschen, die durch Einschränkungen, mit denen man hätte leben können, vergast und verbrannt wurden, ist schlimm.”
“Ich wurde im Keller emotional. Man sieht die Gaskammer, die Schleifspuren auf dem Boden zum Ofen, in dem die Menschen verbrannt wurden. Krass!”
“Ich war geschockt von der Vorstellung, dass mehr als 50 Leute in einem 12m²-Raum waren und dann das Gas aus den Duschköpfen kam.”
“Die Vorstellung an das, was dort passierte, hat mich sprachlos gemacht.”
“Ich fand es schlimm, dass die Leute nur hingeschaut haben und nichts sagten.”
“Mich hat der Gedanke berührt, dass dort, wo wir standen, mal alle Opfer auf etwas warteten, von dem sie nicht wussten, was es war.”
Bei diesen Besuchen der Gedenkstätte in Hadamar erkennen auch die Lehrkräfte immer wieder, wie wichtig es ist, die Erinnerung an die Gräueltaten der Nationalsozialisten aufrechtzuerhalten. Die Auseinandersetzung mit den Fragen, wie es zu den großen Verbrechen kommen konnte und ob das Ganze hätte verhindert werden können, führt den Besuchern zwangsläufig immer wieder vor Augen, dass es auch heute noch Tendenzen gibt, Menschen z.B. aufgrund ihrer Herkunft, ihres Glaubens oder ihrer körperlichen Verfassung in Kategorien einzuteilen und aus der Gesellschaft auszuschließen. Psychische Erkrankungen werden auch heute oftmals tabuisiert und gesellschaftlich nicht akzeptiert, sodass Schule auch vor der Aufgabe steht, Stimmungen gegen bestimmte Bevölkerungsgruppen bewusster wahrzunehmen und die demokratischen Grundrechte eines jeden Menschen zu verteidigen.
Die Fahrten der Abschlussklassen zur Gedenkstätte Hadamar werden dankenswerterweise vom Pädagogischen Landesinstitut Rheinland-Pfalz in Bad Kreuznach bezahlt.